Immer wieder werde ich gefragt, was denn das für eine Übersetzung ist, die in „Welt der Bibel – Das Portal für Bibelauslegung“ geboten wird. Die Antwort lautet: Es ist meine eigene. Die wiederholten Fragen möchte ich zum Anlass nehmen, an dieser Stelle kurz darzulegen, wie die Übersetzung entsteht und was für sie typisch ist.
Für eine sorgfältige Bibelauslegung ist eine sorgfältige eigene Übersetzung notwendig. Wer der biblischen Sprachen Althebräisch und Altgriechisch nicht mächtig ist, legt am besten mehrere Bibelübersetzungen nebeneinander und vergleicht sie. Meine eigene Vorgehensweise ist eine Kombination aus beiden Arbeitsgängen: Ich übersetze anhand des althebräischen (AT) oder altgriechischen (NT) Originaltextes und vergleiche zusätzlich verschiedene Übersetzungen. Die Übersetzungen, die ich vergleiche, stammen gewöhnlich aus Bibelausgaben und aus Kommentaren. Anhand des Originaltextes überprüfe ich die verschiedenen Übersetzungen und schaue, welche Übersetzung die beste ist. Manchmal übernehme ich eine der gebotenen Übersetzungen, manchmal übernehme ich eine leicht abgeändert, manchmal biete ich aber auch eine ganz eigene Fassung.
Grundsätzlich strebe ich eine möglichst genaue Übersetzung an. Das ist deshalb notwendig, weil nur eine genaue Übersetzung eine genaue Bibelauslegung ermöglicht. Nur sie offenbart, wo sich im Text Stolpersteine finden, die Fragen bezüglich der Auslegung aufwerfen und verschiedene Auslegungen ermöglichen. Je sachgemäßer die Fragen sind, desto zielgerichteter lässt sich der Weg zur richtigen Auslegung einschlagen.
Die genaueste Übersetzung wäre eine wörtliche Übersetzung. Diese wäre jedoch in vielen Fällen nicht flüssig und lebendig, sondern holperig und lebensfern, und somit für den Gebrauch in Gottesdienst und Unterricht nur bedingt geeignet. Eine wörtliche Übersetzung würde auch kaum dazu führen, dass man selbst als Leser oder Hörer einen Bezug zum Text bekommt. Deshalb versuche ich, die Übersetzung nicht nur möglichst genau, sondern auch möglichst flüssig und verständlich zu gestalten.
Manche Bibelstellen lassen sich nur dann flüssig und verständlich übersetzen, wenn man Wörter weglässt oder hinzufügt. Da das Weglassen oder Hinzufügen jedoch die Genauigkeit beeinträchtigt, arbeite ich mit Klammern. Runde Klammern ( ) bedeuten, dass das eingeklammerte Wort (oder: Wörter) zwar genau genommen zur Übersetzung dazugehört, jedoch der besseren Lesbarkeit oder Verständlichkeit wegen weggelassen wird, also zu überlesen ist. Eckige Klammern [ ] dagegen bedeuten, dass sich das eingeklammerte Wort (oder: Wörter) in der genauen Übersetzung eigentlich nicht findet, aber der besseren Lesbarkeit oder Verständlichkeit wegen eingefügt wird und somit mitzulesen ist. Aufgrund der verschiedenen Klammern bleibt auch eine gut lesbare und verständliche Übersetzung genau. Zugleich werden Stolperstellen im Text gekennzeichnet.
In einem letzten Übersetzungsschritt fließen plausible Auslegungsmöglichkeiten in die Übersetzung ein. So wie eine genaue Übersetzung eine genaue Auslegung ermöglicht, ermöglicht auch eine genaue Auslegung eine genaue Übersetzung. Gute theologische und historische Kenntnisse helfen dabei, bei unklaren althebräischen oder altgriechischen Begriffen die richtige Übersetzung zu finden. Eine Übersetzung – das gilt für jede – gibt also immer Entscheidungen bei der Auslegung wieder.
Sehr geehrter Herr Dietrich,
Ihren Artikel „Bibelübersetzungen“ habe ich mit großer Aufmerksamkeit gelesen.
Vielen Dank.
Wie schätzen Sie die revidierte Elberfelder Bibel ein?
Ich habe keine alten Sprachen gelernt (althebräisch, altgriechisch), bin also auf
die beste Übersetzung angewiesen.
Sehr freundlichen Gruß
G. Rose